Friedrich Becker. Zum Spielen geboren
5. Oktober 2022

VERLÄNGERT bis 15. Januar 2023

Am 25. Mai 2022 hätte Friedrich Becker (1922-1997) seinen 100. Geburtstag gefeiert. In einer umfangreichen Jubiläumsausstellung wird im Deutschen Goldschmiedehaus Hanau eine Übersicht über das Oeuvre des Goldschmieds und Kinetik-Künstlers geboten und mit zahlreichen Medienstationen kontextualisiert. Becker wollte keinen Schmuck machen, „der immer gemacht worden ist“ sondern etwas Neues schaffen. Seine Stücke sollten eine eigene Form besitzen, gleichzeitig aber die schmückende Funktion nie ablegen.

Friedrich Becker war ein vielseitig neugieriger und technisch versierter Mensch. Er war zunächst Segelflieger, machte eine Ausbildung zum Maschinenschlosser, studierte Luftfahrttechnik. Während seines Kriegsdienstes wurde er verwundet und stellte sich nach Kriegsende die Frage der beruflichen Existenz neu. Er probierte Zahntechnik aus, bevor er schließlich eine Lehre zum Goldschmied machte, besuchte die Meisterschule für Werkkunst, wurde dort Professor und lehrte zuletzt an der Fachhochschule Düsseldorf. In seinen Schmuckstücken und Objekten ist das „Streben […] selbst zu gestalten, mit den Gesetzen der Physik zu forschen, empirisch zu arbeiten, und mit großer Liebe 3 kinetische Entwicklungen im Schmuckbereich, winzig klein, und im [G]roßen […]“ immanent. Wie kein anderer entwickelte Friedrich Becker technisch höchst anspruchsvollen Schmuck, die Mechanik verbirgt er gekonnt hinter der minimalistischen Formensprache. Mit der Kinetik versuchte er eine chaotische Welt ins Lot zu bringen.

Angefangen bei frühen Arbeiten und klassischem Silbergerät spannt die Ausstellung einen Bogen von Materialpurismus und neuen Werkstoffen über variablen und kinetischen Schmuck bis hin zur Dokumentation kinetischer Großobjekte. Die Wellenkinetik (1990), eine Dauerinstallation im Goldschmiedehaus, dreht sich im Treppenhaus und ist ein eindrucksvolles Beispiel der raumreifenden Arbeiten. Ein Großteil des Schmucks und der Objekte entfaltet sein volles Potenzial erst in Bewegung. Individuelle körperliche Impulse werden übersetzt, das Tragen von Beckers Schmuck ist immer ein besonderes Erlebnis. Für die Ausstellung wurde Dank der Erfahrungen Michael Bergers, langjähriger Mitarbeiter der Werkstatt Becker und selbst Künstler kinetischen Schmucks, eine spezielle Präsentation für die kinetischen Exponate entwickelt. Diese ermöglicht es Besucher*innen eine große Anzahl der Schmuckstücke zu aktivieren und das Tragemoment in der Ausstellung nachzuvollziehen. An einem Großmodell des variablen Ansteckschmucks Perlendreieck (1978) können zudem Anordnungen händisch ausprobiert werden.

Eine Vielzahl von Fotos, Dokumenten, Skizzen, und nicht zuletzt Videos, kontextualisiert die Werke, zeigt Entstehungsprozesse. Interviews mit Wegbegleitern und ehemaligen Schüler*innen machen darüber hinaus den Künstler Friedrich Becker nahbar. Werke der Preisträger*innen des Friedrich Becker Preises Düsseldorf und eine Auswahl der Arbeiten von Schüler*innen zeigen eindrucksvoll den nachhaltigen Einfluss seines Schaffens.

 

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